„Beschimpft wird man eher von Zuschauern auf der Tribüne“ [Archiv]
17 Jun
„Beschimpft wird man eher von Zuschauern auf der Tribüne“ [Archiv]
Schiedsrichterwart Markus Pasurka über die Herausforderungen seines Jobs
Sie sind bei jedem Spiel unersetzbar, werden aber bisweilen in vielen Vereinen sträflich vernachlässigt. Ohne Schiedsrichter könnte keine Handballpartie stattfinden. Seit April 2018 ist Markus Pasurka unser neuer Schiedsrichterwart. Im Interview mit „I mog Handball" spricht er über die Schiedsrichtersituation beim TSVP in der neuen Hallenrunde, seine bisherigen Erfahrungen als Unparteiischer und warum er nicht nur gerne spielt sondern auch leidenschaftlich pfeift.
Markus, viele kennen dich seit Jahren beim TSVP nur als Torhüter der Männermannschaft, wie bist du aber Unparteiischer geworden?
Wir hatten beim TSV Partenkirchen einfach zu wenige Schiedsrichter. Damit wir dafür nicht so viel Strafe zahlen müssen, hab’ ich mir es einfach angeschaut, die Ausbildung gemacht, angefangen zu pfeifen und es hat mir einfach Spaß gemacht.
Wer die (Sport-)Presseberichterstattung der letzten Jahre beobachtet, muss ein unheimliches Bild des Schiedsrichters haben. Da ist von mangelndem Respekt, revoltierenden Spielern und Trainern die Rede. Wie hast du deine bisherige Zeit als Schiedsrichter empfunden?
Es ist von Mannschaft zu Mannschaft und Spielertyp zu Spielertyp anders, wie sie auf den Schiedsrichter reagieren. Der Umgang untereinander beruht meist auf Gegenseitigkeiten. Wie reagieren beide in bestimmten Situationen? Wenn ein Spieler respektlos ist, dann kann ich als Unparteiischer auch keinen Respekt zeigen. Größere Beschimpfungen und Auseinandersetzungen habe ich so aber noch nicht erlebt. Böse Dinge kommen auch weniger von Spielern oder Funktionären, als vielmehr von Zuschauern auf der Tribüne, die keine Ahnung von unserem Sport haben. Die mischen sich dann auch gerne ein, was vor allem bei Jugendspielen passiert.
Gibt es ein persönliches Highlight in positiver oder negativer Hinsicht, das dir in Erinnerung geblieben ist?
Generell macht es mehr Spaß, höherklassige Ligen zu pfeifen, weil da einfach mehr Tempo im Spiel ist. Eine Partie in der Bezirksoberliga Frauen zwischen dem TV Bad Tölz und dem TSV Herrsching habe ich da noch in Erinnerung. Spielverständnis und Technik sind da viel ausgereifter. Als Schiedsrichter musst du da auch nicht mehr so auf die Einhaltung der Schrittregel oder andere „Anfängerfehler" achten, sondern eher auf den Körpereinsatz.
Viele junge Unparteiische machen ihre Ausbildung und hören recht schnell mit dem Pfeifen auf. Was treibt dich an Spiele zu leiten und was macht den Schiedsrichterjob aus deiner Sicht so interessant?
Es gibt für mich nichts Schöneres, wenn nach einem Spiel der Sieger- und Verlierercoach zu mir kommen und beide sagen, ich hätte die Partie gut geleitet. Viele junge Schiedsrichter erleben gleich in den ersten Partien negative Rückmeldungen von Spielern, Trainern und Schiedsrichtern. Dadurch sind sie von Anfang an demotiviert, auf sich alleine gestellt und stecken schnell den Kopf in den Sand. Auf der anderen Seite wird der Schiedsrichtereinsatz auch finanziell zu wenig honoriert. Da bist du am Wochenende schon mal 5 bis 6 Stunden unterwegs und für eine Bezirksklassen-Partie erhältst du dann 20 Euro plus Fahrgeld. Das ist kein Anreiz für die jungen Schiedsrichter, die man mit höheren Spesen locken könnte.
Auch der TSVP hat – auch aufgrund anderer Prioritäten – das Schiedsrichterwesen die vergangenen Jahre sträflich vernachlässigt. Wie würdest du die aktuelle Situation im Verein und auch im Bezirk Alpenvorland beschreiben?
Die Problematik speziell im Alpenvorland ist, dass wir recht weit verstreute Vereine haben, die noch dazu wenig Schiedsrichter stellen. Die BHV-Funktionäre sind immer wieder auf der Suche nach Nachwuchs, weil die jungen Unparteiischen schnell abspringen. Für die unteren Ligen gibt es schon noch genügend Schiedsrichter. Aber Ambitionierte an der Pfeife zu finden, die höherklassig pfeifen wollen, ist immens schwierig geworden. Auch in unserer Abteilung gibt es noch zu wenig Interesse vor allem auf Seiten der Aktiven. Ich wünsche mir da noch mehr Herzblut, weil man als Schiedsrichter auch dem Verein allgemein hilft.
Neue Führung, neue Konzepte. Wie willst du in Zukunft wieder mehr Schiedsrichter für den TSV Partenkirchen gewinnen?
Wir wollen das Schiedsrichterwesen wieder attraktiver gestalten. Dazu gehört auch eine neue Ausrüstung, aber vor allem für die jungen Unparteiischen ein sinnvolles Feedback. Sie sollen integriert werden und ich werde durchaus das ein oder andere Mal auf der Tribüne sitzen und unseren Nachwuchsschiedsrichtern Rückmeldung und Tipps geben.
Die vergangenen zwei Jahre gab es vom Weltverband IHF immer wieder gravierende Regeländerungen. Manche betreffen den Amateurbereich, andere weniger. Welche Änderungen hatten deiner Meinung nach auch Auswirkungen auf unseren Spielbetrieb?
Es sind eher die kleinen Regeländerungen, meist Formalien, die unseren Spielbetrieb betreffen. Dass der Torwart mittlerweile schnell durch einen siebten Feldspieler ersetzt werden kann, ist für den Amateurbereich kaum interessant, weil die Teams nicht die Zeit haben, so einen Wechsel einzutrainieren. Massive Auswirkungen hatte die Sechs-Pass-Regel bei passivem Spiel. Das ist jetzt wesentlich transparenter für Spieler, Zuschauer und Schiedsrichter. Früher unterlag das Zeitspiel fast nur der Einschätzung des Schiedsrichters, jetzt gibt es da nichts mehr zu diskutieren.
Vielen Dank Markus für dieses Interview.
Gern geschehen.